Corona-Therapien
Das SARS-CoV-2 Virus löst die Erkrankung COVID-19 aus, welche laut ICD als Multiorgan-Krankheit klassifiziert wird. Während viele PatientInnen nur einige Tage oder Wochen zur vollständigen Genesung benötigen, kommt es bei einigen PatientInnen zu langanhaltenden Symptomen. Post-akute Folgen werden als LONG-COVID bezeichnet und treten ab 4 Wochen nach der Virus-Infektion auf. Bleiben Symptome auch mehr als 12 Wochen nach Virusinfektion erhalten, wird vom Post-COVID-Syndrom gesprochen. Die häufigsten Symptome sind dabei Müdigkeit und Erschöpfung, Kurzatmigkeit, Atemwegsprobleme, sowie kognitive Beeinträchtigungen. Das Long bzw. Post COVID Syndrom umfasst komplexe Krankheitsbilder. Unterschieden werden dabei folgende Kategorien:
- Symptome, die aus einer akuten COVID-19 Phase oder deren Behandlung fortbestehen
- Symptome, die zu einer gesundheitlichen Einschränkung geführt haben
- Neue Symptome, die nach dem Ende der akuten Phase aufgetreten sind, als Folge der COVID-19 Erkrankung oder
- Die Verschlechterung einer vorbestehenden Grunderkrankung
Die verschiedenen Symptome erfordern sowohl eine Spezialisierung im Gesundheitswesen als auch eine interdisziplinäre Herangehensweise mit Blick auf den ganzen Menschen. Um einen nahtlosen Übergang gewährleisten zu können und keine Versorgungslücken entstehen zu lassen, ist eine kontinuierliche Behandlung von auftretenden Symptomen besonders wichtig. Die Wirksamkeit einer frühzeitigen Impfung bei Post-COVID-Syndrom ist jedoch nicht gesichert. Aktuell gibt es laufende Studien. Routinemäßig wird eine einmalige Impfung deshalb 6 Monate nach Genesung empfohlen.
Um die passende Therapie bereitstellen zu können, besteht die Basisdiagnostik aus
- einer ausführlichen Anamnese
- einer klinisch-körperlichen Untersuchung
- der Erhebung des neurologischen, psychischen und funktionellen Status
Eine Laboruntersuchung kann das Post-COVID-Syndrom nicht beweisen. Hierfür wurden noch keine Richtwerte spezifischer Parameter festgelegt.
Der funktionelle Status erhebt aktuelle Funktionseinschränkungen, beispielsweise bei der Beweglichkeit oder Defizite, welche sich auf ADL‘s (Activities of Daily Living bzw. Aktivitäten des täglichen Lebens) auswirken. Dabei kann Unterschieden werden zwischen leichten, mäßigen und schweren Funktionseinschränkungen. Der funktionelle Status hat eine hohe Aussagekraft bei symptomatischen PatientInnen. Ausgehend von diesem kann eine Überweisung an SpezialistInnen erfolgen.
Fatigue - ein weit verbreitetes Symptom
Ein weit verbreitetes Symptom bei Long bzw. Post COVID stellt die Fatigue dar. Als Fatigue (Fatigue-Syndrom) wird eine subjektiv einschränkende, unverhältnismäßige, durch Schlaf oder Erholung nicht ausreichend bessernde subjektive Erschöpfung auf somatischer, kognitiver und/oder psychischer Ebene verstanden. Die Pathogenese ist derzeit nicht bekannt. Die Symptome können sowohl körperlich als auch kognitiv oder emotional sein. Da keine kausale Therapie bekannt ist, ist auch beim Fatigue-Syndrom das Therapieziel die Symptomlinderung und Vermeidung der Chronifizierung.
Aktuell ist für das Long COVID bzw. Fatigue Syndrom keine Empfehlung für eine spezifische Therapie wissenschaftlich belegt. Dies liegt vor allem an der Vielfältigkeit möglicher Symptome. Die Therapie erfolgt deshalb symptomorientiert. Wichtig ist jedoch die frühzeitige Einbindung von Physio- oder Ergotherapeut*inne, Logopäd*innen, Psychotherapeut*innen, Trainingstherapeut*innen, aber auch Sozial- und Pflegediensten.
Wie startet man mit einer Corona-Therapie?
Bevor mit einer weiterführenden Therapie begonnen wird, bestehen aus fachärztlicher Sicht in Abhängigkeit der Symptome folgende Diagnostikempfehlungen zur Abklärung. Diese dienen als Hilfestellung für den zur Therapie freigebenden Facharzt:
- Kardiovaskuläre Komplikationen in den ersten 6 Wochen nach COVID-19 signifikant erhöht
- Venöse Thrombosen, ischämische Schlaganfälle, Myokardinfarkte, Lungenembolien, Herzinsuffizienz
- Pulmologische Komplikationen (Verschlechterung der vorbestehenden COPD, Asthma bronchiale, Entwicklung einer postentzündlichen Lungenfibrose, etc.)
- Neurologische Komplikationen (kognitive Defizite, mentale Problematik, organneurologische Defizite, …)
- Dermatologische Symptome (entzündliche Hauterkrankungen, autoimmuninduzierte Dermatosen, Haarausfall, etc.)
- Orthopädische Problematik (Autoimmunerkrankungen aus dem rheumatologischen Formenkreis, Bewegungseinschränkungen, entzündliche Gelenks- und Bindegewebserkrankungen)
- HNO-Symptomatik (Geschmacksminderung, Geruchsstörungen)
- Gastrointestinale Symptome (Diarrhoe, Obstipation, Übelkeit, Gewichtsabnahme, Leberfunktionsstörung, Gastritis)
Warum Training bei Post-COVID-Syndrom?
Viele PatientInnen erleben eine große Erschöpfung (Fatigue) bei der Bewältigung ihres Alltags. Vor allem auch Kurzatmigkeit und Atemnot, sowie neuropsychologische Symptome führen zu einer verminderten Lebensqualität. Die Schwere der Symptome ist dabei abhängig von Alter, Grunderkrankungen, der Dauer eines Krankenhausaufenthaltes, der Schwere der akuten Erkrankung, einer intensivmedizinischen Versorgung, sowie der Art der medikamentösen Therapie. Rehabilitation bei Post-COVID Patient*innen führt zu einer signifikanten Verbesserung der respiratorischen Funktion und Lebensqualität, sowie zur Reduktion von Ängsten.
Nach fachärztlicher Freigabe zum Training sollte während der Rehabilitation eine engmaschige Kommunikation zwischen TherapeutInnen und dem ärztlichen Team bestehen. Der Trainingseffekt sollte durch eine entsprechende Funktionsdiagnostik evaluiert werden. Es eignet sich sowohl:
- Eine pneumologische Funktionsdiagnostik (Bodyplethysmografie, Messung der Diffusionskapazität, Messung der O2-Sättigung und Blutgasanalyse)
- Eine internistische Diagnostik und kardiologische Untersuchung (Labordiagnostik Körperliche Leistungsfähigkeit Spiroergometrie), sowie
- Ein körperliche Funktionstests (6-Minuten-Gehtest inkl. Borg-Skala, 1-Minuten-Sit-To-Stand-Test, Isometrische Maximalkrafttests)
Die Ziele der pneumologischen Rehabilitation und körperlichem Training bei Post COVID sind ebenso die Reduktion von Symptomen (Atemnot), sowie von Behinderung und Benachteiligung, die Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit und Beherrschung der Erfordernisse des täglichen Lebens, die Erreichung der bestmöglichen körperlichen Unabhängigkeit, Verringerung/Verhinderung von Hilfsbedürftigkeit, Erhaltung der Arbeitsfähigkeit und Sekundärprävention. Komponenten der Physio- und Trainingstherapie stellen dabei Ausdauertraining, Krafttraining, Beweglichkeitstraining und Atemphysiotherapie dar.